Woche 2: Ankommen und Einleben

So schnell geht es und ich bin bereits seit 2 Wochen in Tabgha, oder erst seit 2 Wochen, je nachdem wie man es betrachtet. Die Zeit verging bisher wirklich wie im Flug und jeden Tag lerne ich etwas neues und erlebe unterschiedliche Dinge, weshalb ich für euch gerne meine Woche zusammenfassen möchte.

Wie schon in meinem letzten Blogeintrag berichtet, sind die Schwestern, ebenfalls Benediktinnerinnen, aus ihren Exerzitien zurück, weshalb ich weniger in der Kirche zu tun habe und lediglich die Hinterlassenschaften der Tauben entfernen muss und das Mosaik davon reinige. Es ist zwar keine besondere Aufgabe, die aber trotzdem sehr wichtig ist und sorgfältig gemacht werden muss. Und ich muss sagen, auf irgendeine Weise erfüllt mich die "Pflege" dieses über 1500 Jahre alten Mosaikbodens auch ein wenig mit Stolz und Ehrfurcht vor der langen Geschichte dieses Kunstwerks. Vor allem wenn ich darüber nachdenke, wie viele Personen darauf bereits ihre "Spuren" hinterlassen haben und welche Geschichten dieses Stück Geschichte zu erzählen hätte. Ansonsten habe ich in dieser Woche, immer wenn Zeit war, damit begonnen, den Volontären bei ihren Tätigkeiten rund um das Gelände zu helfen.

Am Dienstagabend sind Pater Matthias, der Prior der Dormitio-Abtei in Jerusalem, und Pater Simeon nach Tabgha gekommen, da am Mittwoch die Klausursitzung in Tabgha stattfand.  Dazu kommen alle Mönche der beiden Klöster zusammen, um über die verschiedensten Themen zu sprechen und sich auszutauschen. So konnte ich Pater Simeon gleich kennenlernen und habe jetzt zumindest alle Mönche einmal gesehen. Wegen der Klausursitzung war ich an diesem Tag vor allem damit beschäftigt, die verschiedenen Mahlzeiten vorzubereiten und danach wieder alles in Ordnung zu bringen.

Am Donnerstag hatte ich die Möglichkeit, mit Stefan, einem Gast hier in Tabgha, zum Berg Tabor zu fahren. Also dem Ort, den man mit der Verklärung Christi in Verbindung bringt. Für mich war es in mehrerlei Hinsicht ein schöner Ausflug. Zum einen konnte ich die Landschaft und eingie Ortschaften hier in Israel bei Tag sehen. Außerdem waren am Berg außer uns kaum Pilger, weshalb wir dort sehr ungestört und in Ruhe Zeit verbringen konnten. Vom Berg ergibt sich - auch bei nicht optimalen Wetter wie wir es hatten - eine wunderschöne Aussicht über das Land und man fühlt sich den Wolken auf jeden Fall ein großes Stück näher. Kein Wunder also, dass der Tabor mit der Transfiguration in Verbindung gebracht wird. Ich war auch sehr beeindruckt davon, wie steil es eigentlich auf den Berg hinauf geht und welche Anstrengungen Jesus und seine Jünger gehabt haben müssen, um dort hinaufzusteigen (wir durften die Annehmlichkeiten eines Autos genießen :D ), was in der Heiligen Schrift nur  mit einem kurzen Halbsatz erwähnt wird. Man erlebt das Evangelium hier wirklich mit allen Sinnen und ich kann immer mehr nachvollziehen, weshalb das Heilige Land als das fünfte Evangelium bezeichnet wird.

Der Berg Tabor

Seit vergangenen Freitag liegt mein Aufgabenbereich außerdem neben der Kirche und dem Refektorium auch darin, die Grünanlagen im bzw. rund um das Kloster zu pflegen. Also immer wieder einige Sonderaufgaben neben der täglichen Routine.

Am Samstagmorgen hatten wir wieder eine schöne Roratemesse im Kerzenschein und anschließend waren die phillipinischen Schwestern bei uns im Kloster zum Frühstück, dies ist eine kleine Tradition geworden. Die Schwestern sind wirklich sehr lustig und strahlen so viel Lebensfreude aus, sodass man mit ihnen eigentlich immer eine gute Zeit verbringen kann.

Da wir am Nachmittag ein bisschen freie Zeit hatten, hat mich Pater Efrem spontan zu einer Tour um den See eingeladen und mir ein wenig die Gegend gezeigt. Dazu fuhren wir zunächst zum Ophir Lookout, einem Aussichtspunkt über dem See, von dem man einen wunderbaren Blick über die gesamte Gegend rund um den See hat und sogar den Berg Tabor, auf dem ich ja erst zwei Tage zuvor gewesen bin, noch erspähen kann. Da Sabbath war, waren dort natürlich auch sehr viele Leute, um den sonnigen freien Tag zu genießen. Leider kommt mit den Menschen auch sehr viel Müll in die Natur, weshalb einige Stellen stark vermüllt sind. Aber an der wundervollen Aussicht ändert dies zum Glück nichts. :) Danach sind wir über die Golanhöhen weitergefahren, wo sich uns eine wunderschöne, grüne Landschaft eröffnete. Pater Efrem erklärte mir, dass diese Gegend inzwischen sehr von der Landwirtschaft geprägt ist, da man die Felder künstlich bewässert und hier ein sehr gutes, sonniges Klima zum Wachstum der Pflanzen vorfindet. Als wir weiterfuhren Richtung Süden, um einmal um den See zu gelangen, kamen wir zum Länderdreieck Israel-Syrien-Jordanien. Ich konnte nur noch staunen, da ich so beeindruckt von der extrem vielfältigen Landschaft war, welche sich oft innerhalb einiger hundert Meter ändert. Von sehr grünen, fruchtbaren Feldern in eine trockene, wüstenähnliche Gegend, gebirgsähnliche Landschaften und dann doch wieder ein Minenverseuchtes, unpassierbares Gebiet. Nachdem wir die Golanhöhen hinter uns gelassen haben, fuhren wir das restliche Stück zurück nach Tabgha am See entlang, über Tiberias, Magdala bis man schließlich, zwischen Bäumen versteckt, das Kloster wieder vor sich im Tal liegen sah. Wirklich ein toller Anblick! Pater Efrem sagte mir, dass dies für ihn jedes Mal wieder, obwohl er es schon so oft gesehen hat, ein besonderes Gefühl ist, und ich kann es absolut nachvollziehen.

Am Sonntag wurde die Hl. Messe von Seminaristen aus Chicago mitgestaltet, wodurch ich die Kirche für einen Gottesdienst noch nie so voll erlebt habe, und wahrscheinlich auch nicht werde, wie mir gesagt wurde. Am Nachmittag wartete noch eine weitere Besonderheit auf mich: Gemeinsam mit drei Gästen und zwei Volontären machten wir uns auf dem Weg zur Golan Heights Distillery, eine kleine, familiengeführte Whiskydestillerie auf den Golanhöhen. Da ich seit einiger Zeit ebenfalls Liebhaber von Whisky bin, war es für mich eine besonders große Freude! Da direkt daneben auch eine Brauerei und eine Weinkellerei liegt, liesen wir es uns natürlich nicht nehmen, dort auf ein Bier vorbeizusschauen, da wir sowieso noch auf die anderen warten mussten. Ich denke die Weinkellerei wird dann wohl das Ziel für das nächste Mal. :D In der Destillerie angekommen, wurden wir sehr herzlich begrüßt und begonnen direkt mit dem Tasting nachdem uns ein paar Dinge über die Destillerie und Whisky erklärt wurde. Es war für uns alle ein absolut gelungener Nachmittag mit den verschiedensten israelischen Whiskys, aber auch einigen weiteren Spezialitäten. Denn neben Whisky konnten wir auch Arak, Rum, Gin und Grappa probieren, welchen sie ebenfalls selbst produzieren. Sollte also jemand einmal die Gelegenheit haben, dorthin zu fahren und einem edlen Tropfen nicht abgeneigt sein, kann ich das wärmstens empfehlen.

Da fühlt man sich gleich wie in der Heimat!

Jeden Sonntag haben wir im Kloster Social Dinner: Das bedeutet, dass wir alle gemeinsam, also Mönche, Volos und Gäste gemeinsam zu Abend essen. Und da heute das Fest Channuka begonnen hat, gab es am Ende Sufganiyot, also Krapfen. Dies ist eine jüdische Tradition, die wir natürlich gerne übernommen haben.

Außerdem möchte ich an dieser Stelle noch auf die Weihanchtsktion der Dormitio-Abtei, zu der das Priorat Tabgha gehört, aufmerksam machen. Dabei gehen die Mönche in der Heiligen Nacht von Jerusalem nach Bethlehem zur Geburtsgrotte und tragen dabei eine Schriftrolle mit vielen Namen und deren Anliegen mit ihnen. Bis morgen (21. Dezember) könnt ihr noch eure Namen schicken, um so auch dabei zu sein: http://www.dormitio.net/abtei/weihnachtsaktion/index.html

Ich wünsche euch noch eine gute Vorbereitungszeit auf Weihnachten!

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