Woche 4: Weihnachten im Heiligen Land

Dieses Jahr war ich zum ersten Mal an Weihnachten nicht zuhause bei meiner Familie, sondern jetzt ca 3000 Kilometer entfernt im Heiligen Land. Eine Erfahrung, welche für viele, die sich dies wünschen, wohl immer unerfüllt bleiben wird und ich jetzt erleben darf. Und dazu hatte ich noch die wunderbare Möglichkeit, in der Heiligen Nacht nach Bethlehem gehen zu dürfen und in der Geburtsgrotte, also dem Ort an dem Jesus geboren ist, zu beten. Eine unglaubliches Geschenk!

Jedes Jahr in der Heiligen Nacht macht sich eine Gemeinschaft aus Mönchen der Dormitio-Abtei in Jerusalem und vielen anderen auf dem Weg nach Bethlehem zur Geburtsgrotte, um dort die Schriftrolle mit den vielen Namen niederzulegen und für die vielen Menschen zu beten (http://www.dormitio.net/abtei/weihnachtsaktion/index.html). Ich kenne diese Aktion mittlerweile schon seit einigen Jahren und habe dies in der Vergangenheit auch sehr gerne als Weihnachtsgeschenk genutzt. Deshalb war es für mich eine umso größere Freude, in diesem Jahr selbst dabei sein zu können. Deshalb machten wir - die Volontäre und ich - uns am heiligen Abend nach dem Abendessen in Tabgha auf dem Weg, um mit dem Bus nach Jerusalem zu fahren und dort die Hl. Messe in der Dormitio-Abtei zu feiern. Da der Sabbath bereits zu Ende war, waren die Straßen sehr voll, weshalb wir erst eine halbe Stunde später als ursprünglich geplant und damit zu spät zur Messe kamen. Wie es sich eben gehört, dass an Weihnachten nicht alles nach Plan läuft. Es war sehr schön, einige bekannte Gesichter dort wiederzusehen. Nach einer kleinen Stärkung und dem Segen der Schriftrolle durch Abt Bernhard machten wir uns auf den Weg nach Jerusalem zur Geburtsgrotte.

Es war schon sehr beeindruckend, das erste Mal Jerusalem zu sehen und auf dem Weg nach Bethlehem die Gegend zu erkunden und schließlich die Grenze nach Palästina zu übertreten, durch den Checkpoint hindurch, vorbei an den Mauern, welche mit vielen Bildern bemalt sind, die geradezu nach Frieden und Ruhe in diesem Land rufen. Für mich war dies, was ich bisher hauptsächlich nur aus Medien und Fernsehen kenne, schon sehr bewegend und auf eine gewisse Art auch erschreckend, was sich hier abspielt. Als wir gegen 4:15 Uhr in Bethlehem ankamen, war der Platz vor der Geburtskirche immer noch gut gefüllt und wir mussten, nachdem wir uns ganz klein machten, um den kleinen Eingang in die Kirche hinein noch rund 45 Minuten anstehen, bevor wir einen kurzen Moment in der Grotte verweilen konnten und ich auch meine eigene Namensliste mit all den Personen und ihren Anliegen an der Geburtsgrotte ablegen konnte. Am Ende war eigentlich noch geplant, in der Josefskapelle der Katharinenkirche die Laudes zu beten. Aufgrund eines Stromausfalles mussten wir das Gebet dann jedoch vor die Katharinenkirche legen, was aber auf jeden Fall auch sehr schön war und im Licht der Taschenlampen eine besondere Atmosphäre erzeugte.

Vor der Geburtskirche
Geburtsstelle Christi
Beten der Laudes vor der Katharinenkirche

Nach der Ankunft in Jerusalem machten wir uns sogleich auf dem Weg, um wieder nach Tabgha zurückzukommen, da wir den Plan hatten, dort um 10 Uhr die Hl. Messe mitzufeiern. Diesmal schafften wir es Gott sei Dank rechtzeitig und durften eine wunderbare, von Seminaristen des North American Colleges gestaltete Messe erleben. 

Krippe in der Brotvermehrungskirche

Am Nachmittag des 2. Weihnachtsfeiertages stand eigentlich eine kleine Wanderung mit den Mönchen und Volontären an, welche aber leider aufgrund des Wetters im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser fiel. Dafür nutzten wir die freie Zeit für einen Spielenachmittag, welcher dem aber keinesfalls nachstand. Am Abend waren wir alle zusammen mit den Schwestern im Pilgerhaus und durften dort mit einem wunderbaren Abendessen die Weihnachtsfeiertage beschließen. Die restliche Woche war recht entspannt, da mir die Mönche viel freie Zeit gegeben hatten, um die Weihanchtszeit auch genießen zu können, da besonders die letzten Tage vor Weihnachten vergleichsweise doch sehr arbeitsintensiv waren. So habe ich die Zeit vor allem auch dafür genutzt, um die Gegend rund um Tabgha etwas zu erkunden, war auf dem Berg der Seligpreisungen und habe endlich auch Klippdachse gesehen. Das Schöne ist auch, dass man nach nur 10 Minuten Gehzeit bereits eine wunderbare Aussicht über den ganzen See genießen kann und von dort aus wundervolle Sonnenauf- und untergänge bestaunen kann.

Die lang ersehnten Klippdachse
Die Kirche auf dem Berg der Seligpreisungen


Sonnenuntergang über den See, im Hintergrund kann man Tiberias erkennen

Ein nennenswerter Höhepunkt dieser Woche war natürlich noch der Jahresabschluss an Silvester. Wir hatten ein tolles Abendessen und um 23:30 Uhr einen stillen Übergang im Gebet ins neue Jahr, welchen wir mit dem feierlichen Te Deum um Mitternacht und einem anschließenden Sekt abgeschlossen haben. In diesen Tagen ist die Stimmung meinerseits über den Tod unseres emeritierten Papstes Benedikt XVI etwas getrübt, aber doch in der Freude und Hoffnung, dass er nun am Ziel seines Lebens angekommen ist. Möge Gott ihm alles Gute in seinem Leben vergelten und alles, was Stückwerk geblieben ist, vollenden. Vergelt's Gott für alles, ruhe in Frieden, Heiliger Vater.

Für mich war es auf jeden Fall ein sehr schönes und ereignisreiches Jahr, in welchem unglaublich viel passiert ist, ich viele neue Menschen und Freunde kennen lernen durfte und auch persönlich wachsen in vielerlei Hinsicht konnte, was ich mir zu Beginn so niemals gedacht habe. Ich bin sehr gespannt, was das neue Jahr so alles für mich bereit hält und freue mich jetzt vor allen Dingen auf die weitere Zeit im Heiligen Land im Kloster mit den Mönchen und wünsche euch allen ein gesegnetes, frohes neues Jahr 2023!

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